Jaromir Weinberger

1896 - 1967

Er müßte einer der meistgespielten Komponisten der Zwischenkriegs-Generation sein, doch die Zeitläufte haben das verhindert: Von der NS-Diktatur verboten, in die Emigration getrieben, hatte Jaromir Weinberger keine Chance, nach 1945 an seine früheren Erfolge anzuknüpfen.
Der politischen Diktatur war die ästhetische gefolgt, Musik, die direkt an die Spätromantik anknüpfte, war in Europa jahrzehntelang verpönt.
In seiner Wahlheimt, den USA, hatte sich der noch in der österreichischen k. u. k. Ära geborene, böhmische Komponist nie heimisch gefühlt. Seine Mutter und seine Schwester waren der Verichtungsmaschinerie des NS-Terrors zum Opfer gefallen. Seine Musik galt als rettungslos unmodern.

Einigen erfolgreichen Wiederaufnahmen der Erfolgs-Oper Schwanda, der Dudelsackpfeifer (unter anderem 1947 in Wien unter Erich Leinsdorf) zum Trotz sah Weinberger keine Chance mehr.
Mit einer Überdosis Schlaftabletten setzte Weinberger 1967 seinem Leben ein Ende.

DIE BESTEN AUFNAHMEN



Schwanda, der Dudelsackpfeifer
Von Weinbergers erfolgreichstem Werk gibt es eine exzellente Gesamtaufnahme mit Hermann Prey, Siegfried Jerusalem und Lucia Popp unter der Leitung von Heinz Wallberg.
Gesungen wird auf Deutsch, in jener Sprache, in der das Stück (in Max Brods Übersetzung) seinen Siegeszug angetreten hat, der bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten dauerte.

Die Aufnahme trifft den märchenhaften Ton, genügt aber auch der oft hochkomplexe Setzweise der Partitur.(CBS - jetzt: Sony Classical)

Der Schüler Max Regers

Als Einzelnummern aus seiner Erfolgsoper hat Weinberger Polka und Teufelsfuge für den Konzertgebrauch arrangiert. Sie wurden zu viel gespielten Konzertstücken und verraten des Komponisten Kunstfertigkeit: Ganz Schüler seines Lehrers Max Reger, vermochte er den böhmischen Volkston seiner Melodik mit komplizierter kontrapunktischer Setzweise zu vereinen.
Das macht Spaß beim Hören, vor allem, wenn ein Dirigent es versteht, den Orchesterklang bei aller Virtuosität und Leuchtkraft vollkommen transparent zu halten. Niemandem ist das besser gelungen als Fritz Reiner mit seinem Chicago Symphony Orchestra. Dieses „Füllsel“ auf der Aufnahme von Dvoraks Neunter ist hörenswert. (CBS - jetzt: Sony)

Wallenstein

Was der Musikwelt verloren gegangen ist, lassen vereinzelte CD-Aufnahmen hören, etwa der Livemitschnitt einer gewiß nicht berauschend guten, aber ordentlichen konzertanten Wiedergabe von Weinbergers vielleicht größem Musiktheaterwerk: Wallenstein mit Roman Trekel in der Titelpartie. (cpo)
Das ist gewiß eine der besten spätromantischen Opern, die höchst bühnenwirksam wäre, würde sich nur ein Intendant ihrer besinnen...

»Frühlingsstürme«

Den bitteren Zynismus der Weltgeschichte mußte Weinberger verspüren, als seine Operette Frühlingsstürme zur Uraufführung kam: Immerhin standen bei der Uraufführung dieses Werks die Publikumslieblinge Jarmila Novotná und Richard Tauber auf der Bühne des Berliner Admiralspalasts. Alle Zeichen standen auf Erfolg. Doch die Politik spielte nicht mit.

→ Die traurige Geschichte einer Operette.

Das Spätwerk, »unerhört«

Hörenswert Weinbergers erstes Orchesterwerk aus dem amerikanischen Exil, die große Passacaglia, ein rauschhaft schön orchestriertes spätromantisches Klanggemälde für großes Orchester und Orgel, das in einem deutlich am Finale von Anton Bruckners Fünfter Symphonie orientierten Schlußteil eine gewaltige Fuge mit einem Choral verbindet, der zu Beginn des Stücks erklungen ist - die erhältliche Aufnahme ist wiederum nicht ideal unter Gerd Albrecht musiziert, aber als Anregung für mögliche weitere Beschäftigung mit dem Oeuvre dieses völlig zu unrecht vergessenen Komponisten durchaus geeignet.



↑DA CAPO